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Innsbruck hat die perfekte Größe, um zu Fuß erkundet zu werden. Wir sind vom Bergisel bis zur Hungerburg spaziert und haben uns angesehen, was die Stadt auf dieser Route an großen und kleinen Sehenswürdigkeiten zu bieten hat.

Mit einer freien Stunde an einem schönen Sonntagmorgen lässt sich einiges anfangen. Man könnte sich beispielweise nochmal gemütlich im Bett umdrehen oder am Frühstückstisch eine leidenschaftliche Diskussion darüber anzetteln, ob ganzer Kümmel im Brot eine Wohltat oder ein Frevel ist (Team Frevel, eindeutig). Oder aber man durchquert mal eben die ganze Stadt, zumindest an ihrer kurzen Seite – der lokalen Sportbegeisterung entsprechend natürlich inklusive behelfsmäßiger Messung der Höhenmeter, Zeit und Distanz. Als Einheimische leide ich unter der Blindheit der Gewöhnung, wenn ich durch Innsbruck gehe, also habe ich mir ein neugieriges Familienmitglied geschnappt und unter dem Vorsatz, die Stadt mit frischem Blick zu betrachten, eine Expedition im Kleinstformat gestartet.

Als Startpunkt haben wir uns den Bergisel im Süden der Stadt ausgesucht, der sowohl mit den Öffis als auch mit dem Auto gut erreichbar ist. Allein in dieser Ecke könnten man auch problemos den ganzen Tag zubringen. Nicht nur wegen der Sillschlucht, die hinter dem Parkplatz beginnt, sondern auch wegen der Ausstellungen in Kaiserjägermuseum und Tirol Panorama. Letzteres berherbergt seit 2011 das legendäre Riesenrundgemälde, auf dem mit einiger künstlerischer Freiheit die dritte Schlacht vom Bergisel dargestellt ist.

Wir entziehen uns den Blicken Andreas Hofers und gehen unter angenehm kühlen Bäumen den Hang hinab zur Brennerstraße. Sie führt uns flugs zwischen der Wiltener Basilika und dem Stift Wilten hindurch, letzteres ist mit seiner rot-gelben Farbe besonders markant. Der Legende nach wurde es vom Riesen Haymon gegründet, an den auch die nahe Haymongasse erinnert. An der Grassmayrkreuzung findet sich die traditionsreiche Glockengießerei Grassmayr, die Brennerstraße ist zur Leopoldstraße geworden. Wir folgen ihr mit einem kleinen Schlenker über die Tschamlerstraße bis zum Wiltener Platzl, wo es uns fürs Erste in die kleineren Seitenstraßen zieht.

Nach dem Wiltener Platzl, das mit kleinen Cafés und Läden immer einen Abstecher wert ist, zieht es uns in den Schatten der Mentlgasse. An vielen Stellen haben wir unbewusst kühlere Pfade gewählt und sind auf viel Grün abseits der größeren Straßenzüge gestoßen. Über den Edith-Stein-Weg und die Ilse-Brüll-Gasse gelangen wir zur Heiliggeiststraße, wo wir mit einem von Innsbrucks haushohen Street-Art Beispielen belohnt werden. Eines davon haben wir in Wilten erst auf dem Rückweg entdeckt – es lohnt sich, gelegentlich auch einen Blick über die Schulter zu werfen.

Über die Maria-Ducia-Straße geht es bis zur Salurner Straße, wo an einem kleinen Gebäude noch mehr Street Art die Wand ziert (siehe oben). Man könnte die Kunst fast übersehen, denn zur linken erhebt sich bereits die Triumphpforte. Ab hier bleiben wir bis hinab zur Stiftgasse auf der Maria-Theresien-Straße, die zur zweiten Detailjagd einlädt.

Auf unserem Spaziergang durch die Maria-Theresien-Straße haben wir wieder einen Schlenker unternommen, diesmal in den Innenhof des Hotels Stage 12. Ich kann nur empfehlen, die öffentlich zugänglichen Höfe und Arkaden Innsbrucks zu erkunden. Oft finden sich hier Lokale und weniger bekannte Facetten der Stadt.

Die Nordkette rückt immer näher, am Ende der Herzog-Friedrich-Straße leuchtet das Goldene Dachl schon in der Morgensonne. Entgegen der Gewohnheit biegen wir rechts in die Stiftgasse ein, wo der Himmel über uns zu einem schmalen Streifen wird. Durch die Riesengasse geht es auf den Franziskanerplatz und von dort aus weiter bis zum Rennweg, wo es zwischen Hofburg, Haus der Musik und Landestheater allerhand zu sehen gibt. Auf dem Weg zum Löwenhaus, wo die Hungerburgbahn Halt macht, gönnen wir uns noch einen Abstecher in den Hofgarten und versuchen, die Namen auf den Schlössern zu entziffern, die am Gitter des Emile-Béthouart-Steges hängen. Am Hans-Psenner-Steg wäre ihnen ein längeres Überdauern vergönnt, denn hier muss sie die Stadt regelmäßig vom allzu filigranen Netz entfernen.

Mit perfektem Timing erreichen wir die Station Löwenhaus der Hungerburgbahn. Natürlich gibt es schöne Wanderwege hoch zur Hungerburg, doch die Bahn ist optisch und technisch immer wieder ein Highlight, das wir uns nicht entgehen lassen wollen. Alternativ kann man auch schon am Congress Innsbruck zusteigen, dort findet man bei hohem Fahrgastaufkommen leichter ein Plätzchen am Fenster. Wer möchte, kann im Anschluss mit der Nordkettenbahn Seegrube und Hafelekar erkunden, doch wir belassen es für heute bei der Hungerburg.

Geschafft. Nach einer guten Stunde reiner Gehzeit, sieben Kilometern und 316 Höhenmetern haben wir unser Ziel erreicht. Wir bleiben noch eine Weile auf der Hungerburg und genießen den Blick über Innsbruck, den Patscherkofel und die Serles.

Fotos: © Theresa Kirchmair

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