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Heldinnen und Helden fallen nicht einfach so vom Himmel, echtes Heldentum ist echt harte Arbeit. So geschehen erst kürzlich wieder im 2.000 Meter hoch gelegenen Kühtai, das sich tief in den wildschönen Stubaier Alpen zwischen zwei mächtigen Bergflanken erstreckt. Der letzte Junisamstag stellte das im skifreien Sommer sonst so friedliche Naturidyll jedoch gehörig auf den Kopf: Bei der XLETIX Challenge presented by MaxiNutrition – dem wahrscheinlich höchsten und härtesten Hindernislauf der Welt – gingen dort fast 4.000 Wagemutige an den Start. Und ich war einer davon.

Ein Team, Ein Ziel!

Am motiviert gebrüllten Motto hat sich auch nach fast zehn Jahren nichts geändert. Und tatsächlich stehe ich auch genau wie damals, bei meinem ersten Lauf, mit meinem edlen Eisenbruder Stefan am Start. Die Sportskanone neben mir ist zwar stramme sechs Jahre jünger als ich, trotzdem sind wir beide mittlerweile neun Jahre älter geworden. Im Jahre des Herrn 2015 vollzogen wir hier einst unsere erste Heldentaufe, damals hieß das Ding sogar noch „Krassfit“. Mittlerweile schreibt sich die hochalpine Höllentour den klingenden Namen XLETIX Challenge presented by MaxiNutrition auf die Fahnen – erstes Hindernis quasi gleich ein Zungenbrecher. Auch sonst verlangen die bis zu 35 „Challenges“ unterwegs reichlich Heldenmut: Freak Froster, Muddy Maniacs, Rotten River, Barbwire Battle I + II, Double Trouble, Triple Trauma, um hier nur einige zu nennen. Einen kleinen „Workaround“ gibt es aber: Jedes Hindernis darf man unterwegs auch auslassen – für einen fairen Freundschaftspreis von 15 Burpees.

Leistungsgruppe Bergsport

Sportsgeist, Mut und Geschicklichkeit definieren die drei zentralen Arbeitsthemen in der XLETIX-Legendenschmiede, man möchte die Teilnehmenden auf wahlweise sechs, zwölf oder 18 Kilometern aber definitiv auch „an ihre körperlichen und mentalen Grenzen“ bringen. Dass das hochalpine Abenteuer zwischen Schnee und Schlamm trotzdem auch „bestens für Einsteiger*innen und Sportanfänger*innen geeignet“ sei, ist fraglich. Wo nämlich grundlegende Fähigkeiten (Reflexe, Balance, Trittsicherheit, Grundlagenausdauer) fehlen, werden alpine Ausnahmesituationen schnell zum Risiko – und davon gibt’s im Kühtai tatsächlich einige: Mit spontanen Wetterwechseln, harschigen Altschneefeldern, lockeren Schotterstellen, wildem Wurzelwerk, schlammigen Schlitterpartien und teilweise argen Temperatur- und Höhenunterschieden ist in den Bergen einfach nicht zu spaßen. Beispielfall: Anno 2015 überraschten uns auf halber Strecke Sturm und Hagel – solche Extremsituationen können vorkommen. Die Einheimischen wissen das – und kommen auch entsprechend heldenhaft vorbereitet.

Schlammschlacht ohne wenn und aber

Im Startkessel geht alles sehr fix, denn auch die Orga lässt die Muskeln spielen: Keine fünf Minuten, und wir sind eingecheckt und haben unsere Start-Bandln. Auf meine Frage, wie das mit der Zuordnung der Streckenfotos diesmal funktioniert (2015 gab’s noch nummerierte Stirn-Bandln), werde ich schnell aufgeklärt: Gesichtserkennung, ganz einfach! Und das trotz Schlamm-Maske? Ich bin beeindruckt, gespannt und packe trotzdem mein Smartphone ein, sicher ist sicher.

Nach einem dynamischen Warm-up im Startfeld geht’s auch schon los – zum ersten Wasser-Hindernis. Statt dem Sprung ins Eisbecken wählen wir die Burpees, schließlich liegt die Strecke erst noch vor uns. Den etwa 100 Meter langen Steilhang danach nehmen wir zügig, aber gemütlich, seine Ressourcen sollte man sich hier gut einteilen. Wir marschieren an atemlosen Einzelkämpfern vorbei, die sich schnaufend auf die Schultern klopfen, hier oben wird die Luft schon merklich dünner. Dann erwischt uns die Sonne, ein erfrischend kühler Windstoß, und unterhalb unseres schlammigen Wanderweges funkelt schon der erste mächtige Stausee. Eine Kletterpartie samt Labstelle später folgt die langgezogene Uferrunde, dann eine sechs Meter hohe Steilwand. Ich wuchte den Langen mittels Räuberleiter rauf, eine herzliche Hand packt mit an, und wir sind schon wieder weiter. Endlich stellt mein Körper auf anaeroben Stoffwechsel um und mich erwischt eine mannshohe Welle Glücksgefühle. „Waren wir letztes Mal nicht langsamer?“, grinse ich.

Motiviert meistern wir die nächsten Hindernisse, finden auch schnell spontane Mitstreiter für Team-Aufgaben und erreichen nach einer Stacheldraht-Kriechpartie das nächste Wasser-Hindernis. Nass weiterlaufen oder wieder 15 Burpees? Wir entscheiden uns für die Burpees, biegen um die Ecke und finden dort die nächsten vier Wasser-Hindernisse. Kurze Krisensitzung – aber 60 Burpees sind uns dann doch zu teuer: Wagemutig werfen wir uns in die Wogen, tauchen unter, wieder auf und steigen extrem erfrischt aus dem Eisbecken. Unsere Schuhe schmatzen und schlittern durch den „Lettn“ (Schlamm, Dreck) aber das ist jetzt egal, wir sind fast schon im Ziel. Adrenalin pumpt durch die Blutbahn, vergessen sind die Schmerzen, die letzten Schritte und wir sind fertig.

Helden unter sich

Das Finisher-Gefühl ist absolut unbeschreiblich, und sogar das Finisher-Shirt fühlt sich nach Superheld an. Wir sind euphorisiert und glücklich, liegen uns lachend in den Armen und blicken den Berg hinauf, den wir gerade bezwungen haben. Dort kämpfen sich gerade die letzten Startblöcke durchs Gelände, und es wird zunehmend kühler im Kühtai. Zwischen köstlichen Kasspatzln und Unbound-Coffee treffen wir Geschäftsführer Frank Fritzsche beim Rettungszelt – alles läuft sehr gut heute. Obwohl die Tirol-Edition der XLETIX Challenge im Kühtai höchstens kostendeckend abgehalten wird, ist es sein Lieblingsevent: „Die Menschen sind einfach klasse, die Location absolut einzigartig und das Feeling hier oben eine Wucht. Zwei Events waren schon fixfertig aufgebaut und mussten wetterbedingt dann doch abgesagt werden, das passiert uns anderswo allerhöchstens selten“, erinnert sich der Fachmann. Aber eben gerade weil die Challenge im Kühtai so challenging ist, wird XLETIX auch 2025 wiederkommen, verspricht er.

Wer da nicht erst ein Jahr warten möchte, kann im benachbarten Flachland Heldenluft schnuppern: Am 10. August im deutschen Freizeitpark Mammut, am 31. August in NRW, am 21. und 22. September im Ostseebad Grömitz und am 25. Mai 2025 in Berlin. Die Tickets und Details zu allen Events gibt’s hier.

Am 28. Juni sehen wir uns dann aber endlich im Kühtai wieder – zur nächsten XLETIX Challenge Tirol Edition. Hochalpines Helden-Ehrenwort!

Fotos: Die Profi-Bilder im Beitrag stammen aus der XLETIX-Foto-Flat, die jeder Teilnehmende dazubuchen kann. Die Close-ups und Selfies von unterwegs stammen vom Autor.

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